Die Sache mit dem Öldruck

Link: M-TeK Motoren- und Getriebetechnik
Autor: Alex, Fa. M-TeK

Das Phämomen mit dem Öldruck:
Zunächst einige Grundsätze zu Ölpumpen
(ich will hier nur die Zahnradpumpen ansprechen, weil die bei den meisten dran sind):

Der Druck, den eine intakte Zahnradpumpe aufbaut, hängt ab vom Verhältnis zwischen der Menge, die die Pumpe fördert und der Menge, die von den Verbrauchern abgenommen wird.
Es gäbe nun zwei praktische Fälle:
Bei konstanter Fördermenge (d.h. konstanter Pumpendrehzahl) steigt der Druck, wenn weniger abgenommen wird und er fällt, wenn viel abgenommen wird.
Bei konstanter Abnahmemenge steigt der Druck mit steigender Fördermenge und damit mit steigender Drehzahl und fällt entsprechend mit fallender Drehzahl.
Es ist leicht einzusehen, daß der zweite Fall der ist, der für den Harleymotor gilt, denn die Abnahmemenge darf zunächst bei betriebswarmem Motor als konstant betrachtet werden.
Aus dieser Erkenntnis und aus 1. lassen sich schön folgende Beobachtungen ableiten: Bei kaltem Motor mit 50er Öl produziert die Ölpumpe einen tierischen Druck. Begründung: das zähflüssige Öl verstopft regelrecht alle Engstellen und macht so das eigentliche Verbrauchersystem (Kurbelwelle, Köpfe, Hydros) wenig durchlässig. Der hohe Druck, der zunächst als vorteilhaft erscheint, geht voll auf Kosten der Endverbraucher, die in dieser Phase eigentlich zu wenig Öl bekommen.
Mit steigender Temperatur und zunehmender Verflüssigung des Öls fällt der Druck, weil das Verbrauchersystem zunehmend durchlässiger wird. Nun steigt auch die Ölmenge an den eigentlichen Verbraucherstellen.
Mit 20W-50er und 50er Öl läuft ähnliches ab, nur das Aufgrund der geringeren Viskosität des 20W50 hier der Anfangsdruck nicht so hoch ist und von vorneherein mehr Öl zu den Endverbrauchern gelangt.
Daher die erheblich bessere Kaltlaufschmierung des 20W50er Öls. Bei Betriebstemperatur unterscheidet sich diese Öl eigentlich nicht mehr wesentlich vom 50er.

Das Phänomen, daß der Öldruck bei heißem Motor im Leerlauf häufig auf Null zusammenbricht und bei Drehzahl wieder ansteigt erklärt sich so:
Bei vielen Motoren sind bestimmte Eckpunkte nicht in Ordnung. Zum einen wird original viel zu viel Öl in die Zylinderköpfe gepumpt, zum anderen sind in der Regel die Pinionshaftbuchse und die Pleuellager ausgelaufen. An diesen Stellen tritt massiver "Ölverlust" auf, der die Abnahmemenge erheblich vergrößert.
Bei Leerlaufdrehzahl reicht die Fördermenge der Pumpe nicht aus, um gegen diese Abnahmemenge noch Druck aufzubauen. Erst bei höherer Drehzahl stellt sich wieder Druck ein. Viele Leute glauben, daß Ihre Ölpumpe defekt sei und kaufen sich dann Zubehörpumpen, die dieses Phänomen aber meistens auch nicht wesentlich verbessern, weil eben die Ursache wo anders liegt.

Abschließend möchte ich noch den Ölhaushalt eines gut gebauten Motors schildern (Beispiel Shovel mit modifiziertem Ölkreislauf auf Stand 1973up mit 20W50er Öl): Kaltstart: Öldruck etwa 40 bis 60psi Öldruck verringert sich innerhalb kurzer Zeit mit steigender Temperatur. Öldruck pendelt sich bei Betriebstemperatur und unter Drehzahl auf etwa 25 bis 30psi ein (über den Steuerzylinder der Ölpumpe reguliert). Und jetzt das Erschreckende: beim Übergang in den Leerlauf fällt der Öldruck je nach Toleranzen an den kritischen Stellen zwischen 5 und 15psi ab, aber eigentlich nicht auf Null!!! Dieses Öldruckverhalten zeigt, daß ein Motor richtig modifiziert wurde und an den richtigen Stellen enge Toleranzen bearbeitet wurden.